Brandenburg und Sachsen-Anhalt wollen das Strafrecht verschärfen. Der Anstieg rechtsextremer menschenverachtender Gewalt zwinge zum Handeln. So steht es im Gesetzesantrag, der dem Bundesrat vorgelegt worden ist. Bisher werden statt Freiheitsstrafen von unter sechs Monaten fast immer Geldstrafen verhängt. Geschieht die Straftat jedoch aufgrund der Rasse, der Volkszugehörigkeit, Hautfarbe, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes oder der politischen Einstellung des Opfers, so soll künftig eine Freiheitsstrafe die Regel sein. Strafen von über sechs Monaten sollen künftig dann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn jemand zum Opfer wird nicht aufgrund eines persönlichen Konfliktes mit dem Täter, sondern nur deshalb, weil er Inder, Jude, Farbiger, schwul, politisch links oder behindert ist. Anders sehen sich diese Länder offenkundig nicht mehr in der Lage, rechtsextreme Exzesse einzudämmen.
Das ist ein Hilferuf und ein politisches Signal. Doch genau dieses Signal wollen Andere nicht setzen, wohl wegen des deutschen Ansehens im Ausland. Und so wurde dieser Gesetzesantrag im Bundesrat erst einmal geschoben. Denn eine Mehrheit dafür war am Freitag nicht zu haben und ein Scheitern wäre auch ein Signal und zwar kein gutes. (Übermorgen wird sich die ostdeutsche Justizministerkonferenz damit befassen.)
Warum wird hier nicht auch auf links-, sondern nur auf rechtsextreme Gewalt abgezielt, so wurde im Vorfeld gefragt. Doch nur der Rechtsextremismus geht mit Fremdenfeindlichkeit einher. Nur der hat in Deutschland eine Tradition, vor der es der Welt graust. Die Linksextremen hatten in der Nachkriegsgeschichte niemals auch nur die leiseste Resonanz im Volk. Der Rechtsextremismus dagegen genießt in manchen Regionen die Sympathie einer nicht gerade kleinen Minderheit. Er droht, dort das soziale Klima zu vergiften. Im sächsischen Mügeln hatten Alkohol und ein paar angereiste Neonazis genügt, um eine feiernde Festzeltgemeinde in einen pogromsüchtigen lynchbereiten Mob zu verwandeln. Nur dank eines Großeinsatzes von Polizei haben die teils schon schwerverletzten Inder überlebt. Die laxen, bisweilen geradezu widerwilligen Ermittlungen in Fällen rechtsextremer Bedrohung und Gewalt lassen Sympathien mit den Tätern vermuten. In Halberstadt hat die Polizei nach dem brutalen Angriff auf geschminkte Schauspieler, die für Punks gehalten worden sind, nicht mal die Personalien der Täter aufgenommen, die da noch herumstanden. Diejenigen, die mitbrüllen und mitjagen, und auch jene, die wohl zuschlagen und zutreten, denen man aber viel nicht nachweisen kann – Zeugen haben ja auch schon mal Angst – und auch Ersttäter, die kommen mit einem Grinsen aus dem Gerichtssaal. Bewährungsstrafen verstehen sie als Freispruch. Bei Geldstrafen helfen die Kameraden und deren Netzwerke. So wird ein risikoarmes Hineinwachsen ins rechtsextreme Gewaltmilieu als persönliche Leistung und Reifungsprozess erlebt.
Die erste, die grundlegende Aufgabe eines jeden Staates ist die Sicherung des inneren Friedens, ist der verlässliche Schutz von Leib und Leben. Wo das nicht gewährleistet ist, kann von einem Staat nicht mehr gesprochen werden. Vor der Fußballweltmeisterschaft hatte Ex-Regierungssprecher Uwe Karsten Heye vor No-Go-Areas gewarnt, vor Gegenden in Brandenburg und anderswo, wo er keinem, der eine andere Hautfarbe hat, raten würde, hinzugehen. Er hatte damit einen Empörungsschrei ausgelöst. Doch die Gewalt-Statistik gibt ihm recht. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Mit diesen Worten beginnt das Grundgesetz. Kann der Staat dieser Verpflichtung nicht mehr nachkommen, muss das Recht nachsetzen.
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