Auf mindestens 300 Milliarden Euro wird das deutsche Schwarzgeld geschätzt, das in den Steueroasen gebunkert ist. Ohne ein Konto in Vaduz oder Zürich war man in manchem Golfclub längst ein Nobody. Warum also kommt das längst überfällige Gesetz gegen Steuerflucht so spät? Und warum kommt es gerade jetzt? Man mag darin einen Colateralnutzen der Finanzkrise sehen. Wenn sich der Staat verschulden muss, um mit Hunderten von Milliarden Banken zu stützen, die nicht nur ihre Gewinne in die Oasen verschieben, sondern auch gewerbsmäßig die Steuerflucht gutbetuchter Kundschaft organisieren, dann kommt bei manchem Wähler schon Wut auf. Immerhin ist jeder Deutsche allein bei der Rettung der Hypo Real Estate mit 1400 Euro dabei.
Monat für Monat ist Peer Steinbrück mit seinem Oasen-Gesetz in der Koalition abgeblockt worden. Doch jetzt will keine Partei im Wahlkampf den Schwarzen Peter am Hals haben, dass gerade sie die Steuerflucht der oberen Hunderttausend deckt und schützt. Ohnehin wird von dem neuen Gesetz vorerst fast niemand getroffen. Gewiss, wer Geschäftsbeziehungen in die Oasenstaaten pflegt, muss künftig einschlägige Informationen preisgeben. Andernfalls werden Betriebskosten vom Fiskus nicht mehr anerkannt. Doch momentan gibt es überhaupt keine Oasen mehr, zumindest nicht offiziell. Denn alle Steuerflucht-Asyle haben versprochen, künftig Informationen rauszurücken. Und damit sind sie runter von jener Schwarzen Liste, mit der die westliche Welt diese parasitären Staaten stigmatisiert. Allerdings will man nur im Einzelfall Information gewähren und nur bei konkretem Verdacht. Der muss gut belegt sein und die Bank, die Fluchthilfe leistet, namentlich bekannt. Über all diese Erkenntnisse verfügt der Fiskus fast nie. Überdies müssen vorab mit jedem Oasenstaat Abkommen ausgehandelt werden. Das kann Jahre dauern und bringt auch dann wohl nicht viel.
Auf der britischen Kanalinsel Jersey zum Beispiel tummeln sich Zigtausende von Scheinfirmen. Auch die deutschen Banken fühlen sich dort zuhause. Vor acht Jahren bereits hat sich Jersey in einem Vertrag mit den USA zur Zusammenarbeit in Sachen Steuerflucht verpflichtet. Doch lediglich vier Anfragen aus Übersee wurden beantwortet und alle anderen abgeschmettert: Sie waren angeblich unzureichend begründet. Ohnehin gibt es auf Jersey keinerlei Register über Firmen oder Stiftungen noch irgendwelche Daten über Steuerpflichtige. Und der Zwergstaat Liechtenstein hat wissen lassen, das Fürstentum sei heute schon führend in der Abwehr krimineller Handlungen.
Nur eine Hoffnung lässt das Gesetz: Wenn die Oasen sich irgendwann in der Tat zur Zusammenarbeit vertraglich verpflichtet haben, in Wirklichkeit aber weiter blockieren und verzögern, mauern und bremsen, dann kommt der Steuerpflichtige in den Schwitzkasten. Nach Aufforderung durch den deutschen Fiskus muss er die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt versichern. Und auf Meineid stehen bis zu drei Jahre Knast. Zumindest dann wird man das Gesetz nicht als zahnlosen Papiertiger abtun können.
Erst einmal geht Peer Steinbrücks Oasengesetz, das im koalitionsinternen Machtkampf kräftig Federn lassen musste, aber ziemlich ins Leere. Gestern wurde denn auch vom Sprecher des Finanzministers bescheiden bekundet, man wolle vor allem ein Zeichen setzen. Vielleicht kommen die Koalitionsparteien damit so einigermaßen gesichtswahrend über den Wahlkampf.
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