Warum fährt ein Finanzkonzern nach dem anderen an die Wand oder beichtet zumindest Multimilliardenverluste? Warum lässt man die einen über die Klinge springen wie gestern die Großbank Lehmann Brothers und rettet andere mit unvorstellbaren Summen aus der Staatskasse wie jetzt wohl die American International Group, den weltgrößten Versicherungskonzern? Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass den Jongleuren des großen Geldes das Geld so plötzlich ausgegangen ist? Dahinter steht paradoxerweise eine historisch wohl einmalige Geldschwemme. Denn die wirksamste Weise, Geld zu vernichten, ist noch immer dessen maßlose Vermehrung. Und hilfreich beim Ausbrüten der Katastrophe war eine Befreiung von Banken aus staatlicher Aufsicht und Kontrolle. BEITRAG: Ja, die Immobilienkrise in Übersee. Jetzt reißt sie selbst die Sonnenkönige der Wallstreet in den Ruin. Warum überhaupt wurden Millionen von armen Schluckern Hypotheken aufgeschwatzt, bei denen von vornherein klar war, dass sie die Raten bald nicht mehr würden zahlen können? Sieht man einmal ab von den Staatskassen und von den Arbeitnehmern und von denen, die nicht mal mehr jemand ausbeuten will, so wurde die westliche Welt mit Geld geradezu überflutet. Denn seit der Jahrtausendwende ist eine atemberaubende Umverteilung durchgesetzt worden, hin zu den Vermögenseliten. Rundum sind Reallöhne stagniert oder gefallen und das trotz rasant wachsender Produktivität. Zugleich haben sich Nationen in Steuersenkungswettläufe treiben lassen, um das große Geld im Land zu halten. So hat sich auch in Deutschland die Zahl der Milliardäre binnen Jahresfrist verdoppelt. Genau dieses Auseinanderklaffen der Einkommen hat den Wahnsinn der Weltfinanzkatastrophe produziert. Denn die überbordenden Gewinne mussten irgendwo wieder gewinnbringend angelegt werden. Und so wuchs die Nachfrage nach Aktien und hat deren Kurse ins Irreale getrieben. Wieder einmal nahm die Spekulation überhand. Was denn nun sind die Börsen? Sind sie noch immer die Steuerungs- und Nervenzentren der Marktwirtschaft oder Retorten zur Urzeugung von Reichtum oder Geldvernichtungsmaschinen oder alles zugleich? Auch die Börsen konnten diese Flut von Geld nicht mehr absorbieren. Abermilliarden vagabundierten auf der Suche nach Gewinnchancen rund um den Globus. Immer riskantere Anlagen wurden gefunden, bis hin eben zur Überschuldung von Millionen Menschen aus der amerikanischen Unterschicht. Genau das war wieder nur profitabel, weil Banken diese windigen Schuldscheine wie am Fließband kunstvoll mit seriösen Papieren verschnürt und eilig weiterverkauft haben und das mit Vorliebe über Steueroasen, in der Karibik, in Dublin oder sonst wo. Reißt eine solche Verschuldungskette, dann verwandelt sich die Geldschwemme leicht und übernacht zu Kettenpleiten im Giga-Format. Die Verletzlichkeit eines solchen wild verwucherten Systems unkontrollierter Verschuldung ist enorm und sein Kollaps nur eine Frage der Zeit. Die wirksamste Weise, Geld zu vernichten, ist eben dessen maßlose Vermehrung. Was eigentlich ist denn nun Geld? Letztlich sind Gelder Ansprüche auf die Arbeitsleistung von Menschen. Alles andere, der Kauf von Grundstücken, von Lizenzen und Finanztiteln, das sind nur Zwischenglieder. Am Ende dieser Ketten muss irgendwo echte Wertschöpfung stattfinden oder das Ganze ist nur Spiegelfechterei, Umverteilung oder Nepp. Doch wie viel Geld auch immer nach oben kanalisiert wird und sich dort ansammelt, in Fonds und Finanzkonzernen – die Zahl der Menschen, die arbeiten und reale Werte schaffen können, wächst deshalb nicht. Und so bleibt dieser Reichtum im Grunde virtuell. Der Zusammenbruch der Spekulationspyramiden dagegen produziert reale Not. Heute zahlen Normalverdiener mit ihren Steuern für die risikoblinde Gier der Manager gigantischer Vermögen. Mit der Rettung von Banken und Versicherungen aus ihrer so schön entstaatlichten neuen Welt wird der hanebüchenen Umverteilung der letzten Jahre noch eins draufgesetzt. Genau diese schiefe kapitallastige Verteilung der Einkommen bedarf der Korrektur. Sonst sammelt sich rasch wieder spekulationshungriges Kapital und der nächste Crash ist vorprogrammiert. Alles andere, all die Nothilfe für Banken und Versicherungen ist nur ein Herumdoktern am Symptom.
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